Häfen

von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter

Das Konzept des SPP

Häfen dienen dem ruhenden Schiffsverkehr. Sie bilden Strukturen, die einerseits – vom Wasser aus betrachtet – Endpunkte von Schifffahrtslinien in regionalen und überregionalen Verkehrsnetzen bilden, andererseits – von Land aus gesehen – Endpunkte logistischer Systeme darstellen, durch die Menschen, Material und Wissen über Räume unterschiedlicher Ausdehnung transferiert werden. Damit sind Häfen einzigartige Schnittstellen zwischen Land und Wasser, zwischen Meer und Festland. Sie verbinden zwei Systeme, die in ihren naturräumlichen Gegebenheiten und in ihren Herausforderungen unterschiedlicher nicht sein können.

Schiffe bilden das Medium dieser vielfältigen Kommunikation. Sie bedürfen technischer Anlagen und logistischer Strukturen, die das Be- und Entladen ganz unterschiedlicher Waren erlauben und die ferner ihre Unterhaltung und Versorgung sichern. Über die Ozeane und Binnenmeere verknüpfen diese Fahrzeuge effizient und schnell Großräume und Kontinente. Ströme bilden die entscheidenden Linien zur Anbindung des Hinterlandes, dessen kleinräumige, an Flüsse gebundene Verkehrslinien bis in kleine Bäche reichen können. Dabei bilden gerade die Wasserwege bis in die Neuzeit hinein die bevorzugten Verkehrsachsen, da der Transport bei deren Nutzung gegenüber dem landgebundenen Verkehr nach Ausweis der Quellen deutlich geringere Kosten verursachte. Häfen werden somit als logistische und technische Phänomene aufgefasst, die einerseits bestimmten naturräumlichen Konstanten an Meeren und Flüssen unterliegen, andererseits aber das Rückgrat regionaler und überregionaler, hoch differenzierter Verkehrsnetze bilden. Obwohl Häfen mehr als jedes andere Element die unmittelbare Schnittstelle zwischen Wasser und Land charakterisieren, so stellt gerade deren Erforschung ein bis heute bestehendes Desiderat dar.

Dieses Schwerpunktprogramm möchte einerseits unterschiedliche Richtungen einer zeitlich und räumlich weit gefächerten europäischen Hafenforschung aufgreifen, interdisziplinär vernetzen und methodisch weiterentwickeln. Andererseits sollen auch naturwissenschaftliche Werkzeuge weiterentwickelt und erprobt werden, die zur Prospektion und Validierung von bislang unbekannten Hafenbefunden dienen können. Dabei wird sich das Schwerpunktprogramm auf jene Häfen konzentrieren, die primär zivilen Nutzungen unterlagen, ohne dass dabei militärische Anlagen und Schnittflächen umgangen oder ausgegrenzt werden dürfen. Nicht einbezogen werden allerdings solche Anlagen, die rein militärischen Zwecken dienten.

Das Arbeitsgebiet umfasst Europa in seiner gesamten geographischen Ausdehnung. Grundgerüst der geographischen Bestimmung des Arbeitsraumes sind zum einen die Meere und Binnenmeere Europas (Atlantik, Mittelmeer, Nordsee, Ostsee), die durch Seehäfen erschlossen werden. Zum anderen sind die großen, schiffbaren Flüsse Europas wie Rhein, Rhone, Elbe, Oder und Donau mit ihren Zuflüssen von Bedeutung, da sie eine Verbindung zwischen Nord-/Ostsee und Schwarzem bzw. Mittelmeer herstellen und Binnenhäfen aufweisen, die das Zentrum regionaler Verkehrsnetze bilden. An diese wiederum angebundene Flussgebiete erschließen einerseits die ökonomischen Ressourcen des Hinterlandes, andererseits erlauben sie den weiträumigen Warentransfer. Damit stellen Hafenanlagen Teile grundlegender Infrastrukturen dar.

Die gewählte Zeitspanne reicht von der Römischen Kaiserzeit bis in das 13. Jahrhundert. An den chronologischen und geographischen Rändern des hiermit definierten Untersuchungsrahmens werden sich zwangsläufig Unschärfen ergeben, deren Potential für das allgemeine Verständnis der Phänomene und für die Erstellung übergreifender Interpretationsmodelle jedoch im Einzelfall zu prüfen sein werden.

In der Zusammenschau suggeriert die Entwicklung in einzelnen Regionen und Zeitabschnitten bislang den Eindruck, isoliert und ohne Bezug zueinander zu stehen. Die bereits auf eine Jahrhunderte währende Tradition zurückblickenden Hafenanlagen des Mittelmeeres scheinen konstruktiv und funktional zunächst wenig mit den gleichzeitigen Strukturen der Binnenschifffahrt in den römischen Provinzen oder den sich im Frühmittelalter entwickelnden Seehandelsplätzen Nordeuropas vergleichbar zu sein. Dagegen vermag die Schiffsarchäologie durchaus technikgeschichtliche Verbindungen zwischen der Mittelmeerwelt und den Regionen nördlich der Alpen herzustellen. Ebenso stellt der historisch und archäologisch nachweisbare Fernhandel eine Möglichkeit für den Transfer von Kenntnissen zur baulichen Ausgestaltung und dem Betrieb von Hafenanlagen dar.

Diese stark regional und chronologisch geprägte Sichtweise ist nach unserer Auffassung auch durch die Spezialisierung archäologischer und historischer Disziplinen begründet. So arbeiten in den genannten Teilbereichen Wissenschaftler, die der Vor- und Frühgeschichte, der Klassischen und Provinzialrömischen Archäologie, der Alten und Mittelalterlichen Geschichte sowie der Byzantinistik zuzuordnen sind. Eine besondere Qualität wird das Schwerpunktprogramm durch die Zusammenführung verschiedener Wissenschaftskulturen mit unterschiedlichen Forschungstraditionen erhalten. Dabei wird die übergreifende Themenstellung mit ihren methodischen Grundkonstanten dazu führen, die jeweils unterschiedliche Quellenlage aufzulösen und gemeinsame Interpretationsansätze zu ermöglichen. Und dies gelingt zugleich in enger Abstimmung und Vernetzung mit relevanten, auch maritim orientierten Naturwissenschaften

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