Häfen

von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter

Laufende Arbeiten im Projekt Fossa Carolina

Die Sonderausstellung "Großbaustelle 793. Das Kanalprojekt Karls des Großen zwischen Rhein und Donau" bot 2014 im Museum für Antike Schiffahrt (RGZM) Mainz, in der Alten Münze (BLfD) München und in Treuchtlingen allen Interessierten einen Einblick in das laufende Forschungsprojekt und aktuelle Zwischenergebnisse.2015 wandert die Ausstellung weiter und ist an verschiedenen bayerischen Stationen zu sehen. Der Begleitband der Sonderausstellung ist in der Reihe "Mosaiksteine" des RGZM erschienen. 

Aktuell anstehende Geländearbeiten

April 2015 Feldbegehungen; Ansprechpartner: Lukas Werther

Archäologie

Schulung Ehrenamtlicher Helfer für Feldbegehungen und GPS-Vermessung im Februar 2013. Foto: Uni Jena.
Luftbildaufnahme des Nordteiles des Karlsgrabens (Rezatried) im Dezember 2001 mit Bewuchsmerkmalen der Randwälle. Fotograf: J. Mang (Weißenburg).
Sieblochsondagen auf Wiesenflächen im Kanalbereich. Foto: Uni Jena.
Systematische Feldbegehungen im Kanalumfeld im Frühjahr 2013. Foto: Uni Jena.

Der Fokus der aktuellen archäologischen Forschung am Objekt liegt neben Ausgrabungen im Bereich der Fahrrinne auf Prospektionsarbeiten im Umfeld des Karlsgrabens.

Im Herbst 2013 wurde eine Ausgrabung im Nordbereich des Kanals durchgeführt. Die Lage im Feuchtbodenbereich brachte exzellente Erhaltungsbedingungen für organische Materialien mit sich. Die Grabungsbefunde ermöglichen es, den Bauablauf, die Konstruktion und die Verlandung des Kanals zu rekonstruieren. An beiden Rändern der Fahrrinne wurden hervorragend konservierte Bauhölzer erfasst, geborgen und dendroarchäologisch bearbeitet. Die sicher datierbaren Hölzer wurden im Sommer und Herbst 793 gefällt. Sowohl die Reichsannalen als auch die sogenannten Einhardsannalen nennen den Herbst 793 als Bauzeit des Kanals. Diese präzise Übereinstimmung der schriftlich überlieferten und dendrochronologisch gewonnenen Datierung ist ein außerordentlicher Glücksfall.

Ziel der Prospektionsarbeiten im Kanalumfeld war es, Reste möglicher Baustelleninfrastruktur und anderer frühmittelalterlicher Fundstellen zu erfassen. Zum anderen gilt es aber auch, Landnutzung und Kulturlandschaftsgenese im Nah- und Einflussbereich des Kanals in diachroner Perspektive zu untersuchen. Das aktuelle Prospektionsgebiet umfasst etwa 500 ha und erstreckt sich entlang der bekannten Kanaltrasse. Die Untersuchungen umfassen über 450 Flurstücke, deren Eigentümer und Pächter im Vorfeld systematisch kontaktiert und informiert wurden. Dank der außerordentlichen Kooperationsbereitschaft der Betroffenen war es möglich, 2013 mit einem Team aus Studierenden der Universitäten Jena, Göttingen, Halle, Leipzig, Marburg, Leiden, Heidelberg, Berlin Giessen, Tübingen und Bayreuth Ackerflächen mit einem Umfang von über 100ha systematisch zu begehen. Der 25%-Survey mit Einzelfundeinmessung dient der Lokalisierung von Fundstellen im bislang archäologisch kaum greifbaren Kanalumfeld. Aktuell knapp 10.000 Fundpunkte werden es ermöglichen, die Kulturlandschaftsgenese umfassend und diachron zu untersuchen. Dazu wurde sämtliches Fundmaterial, auch des Spätmittelalters und der Neuzeit, geborgen. Die nun anstehende Datierung und Kartierung dieser Funde verspricht vielfältige Ergebnisse, bereits im Gelände zeichneten sich mehrere bislang unbekannte Fundstellen unterschiedlicher Epochen ab.

Da jedes Flurstück Erosions- und Akkumulationsprozessen ausgesetzt ist bilden begleitende Bodenkartierungen mit Hilfe von Pürckhauer-Bohrungen eine wichtige Ergänzung der Begehungen. Sie liefern Informationen über Sedimentverlagerungen, die für die Interpretation der Fundverteilungsmuster unerlässlich sind. Im Rahmen der Frühjahrskampagne wurde ein erstes Netz von gut 80 Bohrungen niedergebracht, das nun sukzessive verdichtet wird. Neben Kontrollinformationen für die Begehungen liefern die Bohrungen außerdem wichtige Parameter für die Interpretation der großflächigen Magnetikmessungen im Kanalumfeld. 

Um auch die zahlreichen Wiesenflächen im Kanalbereich zu erfassen kam dort mit einem flächigen Raster aus Sieblochsondagen („shovel pit testing“) eine alternative Prospektionsmethode zum Einsatz. Alle 20 m wird dazu kleinflächig der Oberboden abgehoben und durchsiebt, um Fundmaterial zu bergen und Informationen zum Bodenaufbau zu gewinnen. Die Auswertung des Fundmaterials aus bislang knapp 80 Sondagen ist eine der anstehenden Aufgaben, die Dokumentation des Bodenaufbaus fließt außerdem in die Interpretation der Magnetikmessbilder ein.

An der Geländekampagne sind neben Fachstudierenden verschiedener Universitäten auch ehrenamtliche Mitarbeiter aus der Region beteiligt. Zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) werden diese Helfer vor Ort aus- und fortgebildet. Das Landesamt begleitet außerdem verschiedene anstehende Baumaßnahmen im Kanalumfeld, die wichtige Informationen zur Siedlungs- und Landschaftsentwicklung für unser Projekt versprechen. Parallel zu den Geländearbeiten wurde begonnen, die Aktenbestände des BLfD aufzuarbeiten. Gleiches gilt für verschiedene Luftbildsammlungen, insbesondere die umfangreichen Archive von Josef Mang (Weißenburg) und Rudolf Haager (Eichstätt), die jahrzehntelang den Karlsgraben und sein Umfeld beflogen und fotografisch dokumentiert haben. Die Luftbilder werden in  einem GIS unter anderem mit Laserscan-Modellen und historischen Karten verschnitten und ausgewertet.

Geoarchäologie

Das Projektteam bei der Diskussion von Bohrkernen im Kanalbereich, Herbst 2012. Foto: Uni Jena.
Bohrkern aus 3-4m Tiefe, niedergebracht mit der Rammkernsonde. Foto: Uni Leipzig.
Bohrungen mit dem Pürckhauer-Bohrstock im Kanalumfeld (Frühjahr 2013). Foto: Uni Jena.
Laboranalyse der Sedimentproben an der Universität Leipzig. Foto: Uni Leipzig.
Ergebnisse der Korngrößenanalysen der Bohrkerne. Grafik: Uni Leipzig, nach Leitholdt et al. 2012, Fig. 4.

Feldarbeiten

Zwischen 2010 und 2014 fanden zahlreiche geoarchäologische Feldkampagnen am Karlsgraben statt. In den ersten Kampagnen lag der Fokus auf Rammkernsondierungen direkt in der Grabenverfüllung. Dabei konnten 22 offene Bohrungen im Abstand von 30 Metern abgeteuft werden – 9 davon im Zentralbereich westlich der Bahntrasse (nördlich des rezenten Weihers) und 13 im anschließenden west-ost-orientierten Kanalabschnitt östlich der Bahntrasse. Alle Bohrungen erreichten Tiefen von 5 bis 9 Meter unter Geländeoberkante (uGOK). Anhand der Stratigraphie und der Sediment-Ansprachen in den offenen Bohrkernen konnte die ursprüngliche Grabensohle in durchschnittlich 5 Metern Tiefe erkannt werden. Diese Tiefe nimmt jedoch im Bereich vom rezenten Weiher bis hin zur Kreuzung mit der Bahntrasse in nördliche Richtung hin ab. Dies gibt erste Hinweise auf eine treppenartige Struktur des Kanals. Im Bereich zwischen Grabensohle und heutiger Oberfläche wurden 1-2 Meter mächtige stark organische Lagen gefunden, die auf einen sehr hoch anstehenden Grundwasserspiegel hinweisen. Eingeschaltete Faulschlammlagen und tonreiche Schichten lassen zudem auf die Existenz stehender Gewässer schließen. Oberhalb der stark organischen Schichten sind terrestrische Sedimente abgelagert worden, die denen unterhalb der Grabensohle sehr ähneln. Hier liegt die Vermutung nahe, dass das ausgehobene Material von den Wällen zurück in den Graben transportiert wurde und diesen bis heute verfüllt.

Im März 2013 wurde der Fokus auf die Aushubwälle sowie auf das Umland der Kanalanlage erweitert. Hier konnten 3 offene Bohrungen mit einer Tiefe von 6 m uGOK in die Wälle des west-ost-gerichteten Kanalabschnitts niedergebracht werden. Zudem wurden 2 offene Bohrungen (3 m uGOK) in das angrenzende Umland durchgeführt, die einen Eindruck der ungestörten, d.h. nicht durch Kanal-Bautätigkeiten veränderten Situation im Untergrund vermitteln. Weiterhin wurden nördlich der Verbindungsstraße Dettenheim-Grönhart 4 offene Bohrungen (3-6 m uGOK) als Querprofil angelegt, welches sich über die kaum noch mit bloßem Auge erkennbaren Wälle, die Grabenverfüllung sowie das Umland erstreckt.

Laborarbeiten

Das erbohrte Material wird im Labor hinsichtlich Korngrößenzusammensetzung und organischer Substanz analysiert. In der Korngrößenverteilung lassen sich zwei markante Muster erkennen, die deutlich auf zwei verschiedene Sedimentationsprozesse hinweisen: fluviale Fazies und Weiherfazies. Zudem werden Makroreste bestimmt und Datierungen mittels 14C-Methode vorgenommen.

Geophysik

Geophysikalische Untersuchungen bilden ein wesentliches Standbein der Erforschung des Karlsgrabens. Im Fokus stehen aktuell großflächige Magnetikmessungen des Leibnitz-Instituts für photonische Technologien Jena (IPHT), welche vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege finanziert werden. Die Messungen erfolgten im Wesentlichen motorisiert und haben eine Gesamtfläche von über 100ha erfasst. Neben der guten Störquellenabschirmung und hohen Empfindlichkeit bietet die SQUID-Technologie die Möglichkeit, durch Erfassung von besonders vielen Komponenten des Magnetfeldes (bis hin zur Vollsensor-Konfiguration) optimale Modellierungsvoraussetzungen der Daten zu schaffen.

Auf einzelnen Teilflächen im Kanalbereich haben Kollegen der Universität Osnabrück zusätzlich Messungen mit Fluxgate-Sonden vorgenommen, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat außerdem Messungen derselben Flächen mit dem Cäsium-Magnetometer durchgeführt. Der Vergleich der verschiedenen geomagnetischen Messsysteme und die Zusammenführung mit den geoarchäologisch gewonnenen Daten verspricht neue Einblicke in die methodischen Grundlagen und Möglichkeiten der Prospektion im Grenzbereich zwischen Land und Wasser. Eine wichtige Rolle spielen dabei unter anderem systematisch erfasste Suszeptibilitätsmessungen an Bohrkernen.

Neben der Magnetik kommen auch verschiedene weitere geophysikalische Messverfahren zum Einsatz. Zur Klärung des Kanalquerschnittes und verschiedener hydrogeologischer Fragen wurden durch das Geophysikalische Zentralmodul (CAU Kiel, AG Prof. Rabbel) und die Fa. Eastern Atlas beispielsweise Profile mittels Elektrik und Seismik erfasst. In Kooperation mit dem UFZ Leipzig kam außerdem ein neuartiges Direct-Push-Verfahren zum Einsatz.

Historische Quellen, Datenbank und GIS

Übersichtskarte der archäologischen Prospektionsarbeiten im Frühjahr 2013 (Teilausschnitt). Grafik: Uni Jena.

Der historische Quellenbestand zum Karlsgraben umfasst neben frühmittelalterlichen und jüngeren Schriftquellen auch zahlreiche Karten, Bilder und Fotografien. Die Erfassung dieses vielfältigen Quellenpools und seine Zusammenführung mit den archäologischen und geowissenschaftlichen Informationen erfolgt in einem interdisziplinären Datenbanksystem. Soweit lokalisierbar ist jeder Datensatz mit Geometrien in einem geographischen Informationssystem verknüpft. Die bisherigen Ergebnisse wie auch die weitere Erschließung der Schriftquellen basieren auf einer engen Kooperation mit den am SPP beteiligten Mittelalterhistorikern der Universität Jena. In mehreren Archivreisen wurde bislang unpubliziertes Quellenmaterial erfasst und aufgearbeitet. Besonders wichtig für die Nutzungsgeschichte des Kanals und der ihn umgebenden Kulturlandschaft mit möglichen Hafenstandorten sind dabei historische Karten und Abbildungen.

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