Plenartreffen des SPP
Im Einvernehmen mit den Initiatoren und dem Koordinator, Herrn Professor von Carnap-Bornheim, lädt die DFG im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1630 „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter"
zum dritten Plenartreffen
vom 19. Januar 2015 um 13:00 Uhr
bis 21. Januar 2015 ca. 14:00 Uhr
Friedrich-Schiller-Universität
Rosensäle (Großer Sitzungssaal)
Fürstengraben 27
07743 Jena
ein.
Das Treffen wird zunächst neben allgemeinen Themen des SPP jedem Projekt die Möglichkeit bieten, im Rahmen eines kurzen Vortrags (max. 15 Min.) den aktuellen Stand der Arbeit zu präsentieren.
Darüber hinaus werden zwei Themenkomplexe Gegenstand von Vorträgen und Diskussion sein:
Netzwerke: Die Rolle der Häfen bei Produktion und Güteraustausch
Häfen sind prägende Faktoren ökonomischer Entwicklungen und Schnittstellen von Distributionsnetzwerken. Sie sind nicht nur Verkehrsinfrastruktur, sondern häufig gleichzeitig Märkte und Wirtschaftszentren. Die Rolle einzelner Häfen oder größerer Hafennetzwerke bei Produktion und Güteraustausch sind Thema der Tagungssektion.
Die Reichweite der jeweiligen Austauschbeziehungen ist ein wichtiges Kriterium für die ökonomische Funktion eines Hafens. Zu berücksichtigen ist allerdings auch die Intensität und Frequenz der Austauschbeziehungen: diese können dauerhaft, saisonal oder auch an einzelne (Bau-)Projekte gebunden sein, im jeweiligen Transportvolumen erheblich schwanken und mit Wasserfahrzeugen unterschiedlichster Art und Größe erfolgen. Je nach Ablauf der Güterbewegungen (z.B. bei saisonal beschränktem Zugang zu bestimmten Verkehrswegen) und Art der Güter (z.B. Schwerlasttransporte und Massengut) sind im Hafen spezifische Baulichkeiten wie Lagerhäuser und Kräne, aber auch Verwaltungsgebäude und Marktflächen notwendig.
Produkte können unverändert am Hafen umgeschlagen oder dort weiterverarbeitet werden. Viele Häfen fungieren selbst als Produktionsorte, an denen lokale Güter verarbeitet und veredelt werden, bevor sie erneut in den Distributionskreislauf eintreten. Zu berücksichtigen ist dabei besonders der Lagebezug zwischen Häfen und Rohstoffvorkommen. Zu fragen ist außerdem nach der Wechselwirkung von Häfen und Konsumorten in ihrem näheren Umland respektive größeren Distributionsnetzwerken. Je nach Ausprägung und Größe bilden Häfen aber auch selbst Konsumorte, die auf ein wirtschaftliches Hinterland oder den Import von Gütern zur Versorgung angewiesen sind.
Entscheidend für die Rolle eines Hafens im Netzwerk der Güterdistribution sind seine verkehrsgeographischen Standortbedingungen, die in der zweiten Tagungssektion im Fokus stehen: Welche Wasserfahrzeuge (Seeschiff vs. Flussschiff, Tiefgang etc.) können den Hafen wann anlaufen? Wie gut ist der Hafen an regionale und überregionale Landwege angebunden?
Maßgebliche Determinanten und besonders zu diskutieren sind allerdings auch Zölle und andere rechtlich-ökonomische Faktoren. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die am Distributionsprozess beteiligten Akteure (Händler, spezialisiertes Hafen- und Transportpersonal, Grundherrschaften, Militär, Herrschaftsträger, Abnehmer und Konsumenten), die in unterschiedlichster Art und Weise auf den Hafen selbst, die Transportbedingungen zu Land und zu Wasser sowie das Angebot und die Nachfrage einwirken konnten. Da viele dieser Akteure im Kommunikationsraum Hafen unmittelbar in Kontakt treten, bilden Häfen darüber hinaus eine Schnittstelle im Distributionsnetzwerk von Wissen und Ideen. Dieser Transfer immaterieller Güter kann materielle Auswirkungen auf Hafenbau und -organisation haben, man denke nur an die Weitergabe technologischer Fertigkeiten oder spezifischer Organisationsabläufe.
Die Rolle von Häfen bei Produktion und Güteraustausch unterliegt im Laufe der Betrachtungszeit oft erheblichen Veränderungen. Neben dieser zeitlichen Varianz zeigen sich auf räumlicher Ebene Unterschiede und Übereinstimmungen. Diese Dynamiken diachron und überregional zu beleuchten verspricht einen besonderen Mehrwert, projektübergreifende Betrachtungen und Synthesen wären daher zu begrüßen.
Standortbedingungen und Entwicklungsmodelle
Standortfaktoren, die Nutzbarkeit und Erfolg von Häfen bedingen, sind mannigfaltig. Grundanforderung an jeden Hafen ist zunächst eine natürliche oder künstlich geschaffene Schutzlage für den ruhenden Wasserverkehr, sowie eine adäquate Zugänglichkeit für die Wasserfahrzeuge selbst.
Die Zugänglichkeit resultiert aus den jeweils vorherrschenden hydrologischen und klimatischen Voraussetzungen in Bezug auf Wassertiefen und Fahrwasser, Wasserstandsschwankungen und Abflussregime, Strömungsverhältnisse und die vorherrschenden Hauptwindrichtungen. Allerdings bilden auch die morphologische Beschaffenheit des Ufersaums und der vorgelagerten Flachwasserzone entscheidende Kriterien, die die Landemöglichkeiten bedingen beziehungsweise die baulichen Anforderungen an die Hafenanlagen diktieren. Zuletzt spielen schlichte Aspekte wie die Süßwasserversorgung der Schiffsmannschaften und die Verfügbarkeit von Baumaterialien für den Schiff- und Hafenbau eine nicht zu vernachlässigende Rolle.
Naturgemäß bilden Häfen die Schnittpunkte zwischen Land und Wasser, weshalb die Zugänglichkeit von Land und eine entsprechende Einbindung in das Wegenetz eine weitere, ganz entscheidende Standortbedingung darstellt. Zu Lande kommen zudem durch den Menschen geprägte Faktoren zum Tragen, die über den Erfolg- oder Misserfolg von Häfen entscheiden: Zum einen ihre Einbettung in das jeweilige politisch-administrative Umfeld (Herrschaftsgebiete, Grundbesitz, Erhebung von Handelszöllen, Grenzmärkte und Ethnizitäten), zum anderen ihr wirtschaftlich-soziales Hinterland und ihr Zugang zu Märkten sowie ihren Lagebezug zu Konsum- und Produktionszentren sowie Rohstofflagerstätten.
Natürliche und anthropogene Standortbedingungen bestimmen nicht nur die baulichen Anforderungen an Hafenanlagen, deren Komplexität und Spezialisierungsgrad, sondern schlagen sich auch in der Nutzungsintensität und Nutzungsdauer von Häfen wieder. Dynamische Standortbedingungen (Transgression/Regression, Hebungen/Senkungen, Verlagerung von Fluss- und Küstenverläufen, Erosion, Abfallentsorgung in Hafenbecken) führen neben Entwicklungen in der Schiffstechnologie zu neuen Anforderungen an die Hafenanlagen.
Diese baulich-technischen Prozesse lassen sich nicht nur an einzelnen Fallbeispielen nachvollziehen („Von der Schiffslände zum Hafenbecken“): Anhand von vergleichenden Studien und Entwicklungsmodellen lassen sich Übereinstimmungen und Unterschiede identifizieren, die zu einem tieferen, überregionalen und diachronen Verständnis der Thematik beitragen. Als Stichworte mögen Wissenstransfer, Wechselwirkung von Schiffstechnologie und Hafenbau sowie Hybridisierungsprozesse als Reaktion auf naturräumliche Veränderungen an dieser Stelle genügen. Ein gezielter Austausch mit den anderen Projekten im Vorfeld des Plenartreffens soll im Idealfalle zur Erstellung von projektübergreifenden Entwicklungsmodellen führen, die als Synthese am Ende der Diskussion zu diesem Themenkomplex stehen können.
Nach Keynotes externer Gastredner werden die einzelnen Projekte des SPP angehalten, sich mit einer Präsentation von ca. 30 Minuten an jeweils einem der beiden Themenkomplexe zu beteiligen.
Es ist angedacht, die schriftlichen Fassungen der Vorträge zu publizieren.
Für das Programm klicken Sie bitte hier