Häfen

von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter

HaNoA - Häfen im Nordatlantik

Das Arbeitsgebiet von HaNoA
Lage des wikingerzeitlichen Handelsplatzes Kaupangr, Island (Foto Mats Wibe Lund).
Der Hafen von Búðasandur, Hvalfjörður, Island. Die Überreste eines Handelsplatzes befinden sich in der Bildmitte, das mittelalterliche Hafengebiet (rechts) ist heute versandet (Foto N. Mehler).

Fast alle bedeutenden mittelalterlichen Häfen des nordeuropäischen Festlandes waren Teil größerer Siedlungen, aus denen sich häufig Städte entwickelten. Viele dieser Häfen hatten spezielle Einrichtungen wie z. B. Kaianlangen, Landebrücken und Lagerhallen, die einen gut entwickelten und organisierten Schiffsbetrieb und Warenumschlag ermöglichten. Völlig anders ist die Situation im Nordatlantikraum zu dieser Zeit. Im marginalen Siedlungsgebiet von Island, Grönland, Shetland und den Färöer Inseln gab es in der Wikingerzeit und im Mittelalter keine Städte. Häfen bestanden meist nur aus einfachen Landeplätzen. Die meisten dieser kleinen Handelsorte waren keine permanenten Einrichtungen sondern lediglich provisorische Siedlungen, die nur im Sommer über benutzt wurden. Trotzdem spielten diese Häfen, über die Handel von erheblichem Wert und großer Bedeutung für die lokale Wirtschaft lief, in der nordeuropäischen Wirtschaftsgeschichte eine bedeutende Rolle. An Land gibt es jedoch nur noch wenige Überreste und meist zeugen nur Ortsnamen oder Schriftquellen von den einstigen Aktivitäten.

Das Untersuchungsgebiet verbindet die vier nördlichsten Inselgruppen, die im Zuge der Westexpansion der Wikinger ab dem 8. Jahrhundert sukzessive besiedelt wurden, mit dem norwegischen Mutterland des Großteils der Kolonialisten. Diese subpolaren Gebiete sind verbunden mit dem nördlichen Teil des Nordatlantiks. Damit gehören sie nicht nur einem gemeinsamem nordischen Kulturraum, sondern auch demselben Landschafts- und Klimaraum an. Obwohl es weder Städte noch größere Siedlungszentren gab, spielten diese Inseln in der nordeuropäischen Wirtschaftsgeschichte eine bedeutende Rolle. Grönland versorgte Europa beispielsweise mit Walrosselfenbein und Häuten und Island handelte mit Wolle, Fisch und Jagdfalken. Dieser Warenverkehr lief über die zahlreichen Handelsplätze, ohne die weder die Kolonisation dieser Inseln noch der dauerhafte Fortbestand der jungen Gesellschaften dort möglich gewesen wäre. Den Häfen kommt eine Schlüsselrolle im Besiedlungsprozess dieser Inseln zu. Wenn wir verstehen, wie die Häfen funktioniert haben, leisten wir einen großen Beitrag zur Erforschung der wikingerzeitlichen Kolonisation im Nordatlantik.

HaNoA ist vom Ansatz geleitet, Hinterlassenschaften an Land mit denen unter Wasser zu kombinieren, um ein holistisches Verständnis der Häfen aus nautischer und wirtschaftsgeschichtlicher Perspektive zu gewinnen. Ausgewählte Häfen sollen zum einen mit bereits etablierten archäologischen, geophysikalischen, geomorphologischen und geographischen Methoden untersucht werden, zum anderen sollen neue Methoden entwickelt bzw. geschärft werden, die am Ende alle zusammen ein detailliertes Verständnis dieser Häfen und der praktischen Durchführung von Handel ermöglichen sollen.

Die Kernziele des Projekts sind:
  • mögliche Hafeninstallationen und deren Funktion durch ein Studium mittelalterlicher Schriftquellen zu eruieren,
  • die Topographie von Häfen im Zusammenhang von Navigationshilfen (z. B. Landmarken), Ballastfeldern, dem Meeresboden und der Lage von Landeplätzen und Hafeneinrichtungen an Land zu untersuchen,
  • die sog. Fetch-Methode zur Lokalisierung und Bewertung von Häfen bzw. Landeplätzen zu verfeinern und zu verfestigen,
  • erstmals Ballast als archäologische Quelle zu analysieren, um die Herkunft von Handelsschiffen und das Volumen des maritimen Handels zu verstehen,
  • die sichersten Indikatoren für schwer fassbare Häfen der Wikingerzeit und des Mittelalters im Nordatlantik zu ermitteln.
Die Subprojekte:

Das Projekt setzt sich aus sechs Subprojekten (SP) mit unterschiedlichen Methoden zusammen. Alle Methoden werden gemeinsam an 13 ausgewählten Häfen im Untersuchungsgebiet angewendet.

Am Anfang steht eine Analyse von altnordischen Sagas und Rechtsbüchern (SP 1), die gelegentlich Hafeninstallationen, deren Besitzverhältnisse und Funktionen erwähnen. Dieser Teil der Arbeit wird von Birna Lárusdóttir an der Universität Reykjavík durchgeführt.

In den Sommermonaten folgen dann archäologische und geophysikalische Prospektionen in ausgewählten Häfen an Land und unter Wasser (SP 2). Dazu zählen topographische Geländeaufnahmen, Geomagnetik oder Georadar, die Kartierung von Landmarken und anderen Navigationshilfen, Tauchgänge sowie side-scan Sonar Messungen. Ausgrabungen sind nur in geringem Ausmaß vorgesehen. Kooperationspartner sind Endre Elvestad, Stavanger Sjøfartsmuseet, und Dr. Mark Gardiner,  School of Geography, Archaeology, and Palaeoecology der Queen´s University Belfast.

Das dritte Teilprojekt (SP 3) widmet sich ausgewählten Ballastfeldern unter Wasser. Die Herkunft der ortsfremden Gesteine soll mit Hilfe von u. a. der Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) geklärt werden, um damit Interpretationen zu Handelsrouten und Handelspartnern zu ermöglichen.

Mit der sog. Fetch-Methode (SP 4), entwickelt von Dr. Marianne Nitter, Klimatologin am Arkeologisk Museum Stavanger, werden schließlich Wellenhöhe, Windstärke und Winddauer berechnet, um Landeplätze und Häfen zu lokalisieren bzw. ihre Qualität zu bestimmen.

Zusätzlich werden mit geomorphologischen Methoden (SP 5) Faktoren und Prozesse wie Erosion, Strömungen oder Versandung untersucht, welche die Häfen beeinflussten. SP 5 wird in Kooperation mit der School of GeoSciences der University Edinburgh durchgeführt.

In einem zentralen GIS-Projekt (SP 6), geleitet von Joris Coolen, werden alle gewonnenen Daten gesammelt und analysiert.

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