Häfen

von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter

Im Netzwerk fluvialer Häfen

Der Neckar im Bereich Freibergs; links die Nutzung des Neckars um 1600 nach H. Schickhardt und Veränderung des Flusses nach Altkarten (Grafik L. Kröger, Geobasisdaten: DGM ASTER © USGS 2010), rechts Kartenausschnitte erstellt von H. Schickhardt (Bürkle 1979, S. 117 u. Bürkle 1989, Anlage 1).
Die Funde Krefeld-Gellep III und Kalkar-Niedermörmter während der Ausgrabung, bzw. in der Dauerausstellung des LVR-Landesmuseums Bonn (Pierling 1986, Abb. 178 u. Foto J. Niederländer 2003).
Kartierung von Binnenfahrzeugen in Mitteleuropa, Stand 2015 (Grafik L. Kröger, Geobasisdaten: Hydrogeologische Karte 1:200.000 © BGR 2010)
Workflow des Projektes „Im Netzwerk fluvialer Häfen“ (Grafik L. Kröger).

Effizienz und Infrastrukturausbau der Binnengewässer und ihrer Fahrzeuge

Handelsplätze unterliegen stets der infrastrukturellen Anbindung an regionale und überregionale Verkehrssysteme. Im Bereich der Landwege besitzt die Forschung zu Altstraßen eine lange Tradition. Untersuchungen an Wasserwegen, welche einen Handelsplatz erst zu einem Hafen werden lassen, stellen hingegen ein Desiderat der Forschung dar. Eine Schifffahrt auf Meeren und größeren Seen benötigt anthropogene Eingriffe lediglich im Bereich der Lande- und Umschlagstellen. Flüsse müssen stattdessen für die Schifffahrt durch infrastrukturelle Maßnahmen wie Flussberäumungen oder die Anlage von Treidelwegen aufbereitet oder bereits erfolgte Eingriffe in die Kulturlandschaft rückgängig gemacht werden, wie z.B. Flussverbaue durch Mühlwehre und Fischfangeinrichtungen. Wann, in welcher Form und auf wessen Initiative dies an mitteleuropäischen Flüssen erfolgte, ist bislang unbekannt.

Um diesem Desiderat entgegenzutreten, wird im Rahmen des Projektes eine ausreichende Datenbasis erarbeitet, und zwar anhand der Funde von Binnenfahrzeugen sowie schriftlichen und ikonographischen Quellen. Dies erfolgt v.a. auch in Kooperation mit den SPP-Projekten „Binnenhäfen im fränkisch-deutschen Reich“ und „Fossa Carolina“. Dabei ist es unerlässlich, auch Quellen außerhalb der Zeitgrenzen des beantragten Projektes zu berücksichtigen, wie z.B. Flussbeschreibungen des 16./17. Jahrhunderts. Nur dadurch ist es möglich, Entwicklungen aufzuzeigen. Anhand des Nutzungsverlaufes der Wasserstraßen Main und Neckar sollen voneinander abweichende Entwicklungslinien erarbeitet und miteinander verglichen sowie das Korrelat von „Schiff und Hafen“ aufgezeigt werden. Zusätzlich ist die Erstellung eines Katalogs der archäologischen nachweisbaren Binnenfahrzeuge in Mitteleuropa vorgesehen, um großräumig den Wandel der Warenträger erfassen zu können, durch die indirekt auf die Hafenform rückgeschlossen werden kann. Am Beispiel des karolingischen Prahms Krefeld-Gellep III soll mit Hilfe von Berechnungs- und Versuchsverfahren, wie sie im modernen Schiffbau üblich sind, die Leistungsfähigkeit des frühmittelalterlichen Transportwesens ermittelt werden. Ziel ist es, ein Modell zum Flussausbau und -transport im Früh- und Hochmittelalter zu erarbeiten, welches grundlegend ist, um die Hafenstrukturen dieser Zeit zu verstehen.

Ziele

Nutzungsentwicklung der Flüsse

  • Erfassung der römischen Siedlungsstrukturen und Infrastrukturbestandteile im Umfeld des Untermains und Neckars
  • Durchsicht ausgewählter Eisenfund-Ensembles aus Siedlungsgrabungen der römischen Kaiserzeit zur Identifizierung von charakteristischen Schiffsnieten und damit dem Nachweis einer Hafenanbindung und Schiffbarkeit des Flusses in römischer Zeit
  • Erstellung eines Katalogs bereits publizierter schriftlicher Quellen zur Schifffahrt auf dem Main und Neckar bis zum Ende des Spätmittelalters
  • Erstellung eines Katalogs bereits publizierter schriftlicher Quellen zu Hafenstandorten am Main und Neckar bis zum Ende des Spätmittelalters in Ergänzung der Daten des SPP-Projektes „Binnenhäfen im fränkisch-deutschen Reich“
  • Erfassung historischer Kartenwerke bis in das 17. Jahrhundert, welche sich auf die schiffbaren, mit Häfen versehenen Teile von Mains und Neckar beziehen, zur Identifizierung und Lokalisierung von Teilaspekten der Kulturlandschaft „Fluss“ und deren Auswirkung auf den Austausch zwischen den Häfen
  • Analyse des Quellenbestandes zum Versuch der Schiffbarmachung des Neckars zwischen Heilbronn und Cannstatt welche im späten 16. Jh. von Heinrich Schickhardt verfasst wurden
  • Erstellung eines Katalogs anhand der Quellen H. Schickhardts von Anforderungen und Problemen der Schifffahrt bei der Nutzbarmachung eines Flusses
  • Zusammenfassung der einzelnen Kataloge und Informationen und Einbindung der Daten sowohl in ein projektinternes GIS, als auch in das GIS der Datenzusammenführung des SPP 1630
  • Überprüfung der hydrologischen Aussagen Martin Eckoldts zur Schiffbarkeit von Main und Neckar auf Basis der gewonnenen historischen Erkenntnisse
  • Auswertung der Kataloge und Daten unter Einbeziehung archäologisch nachweisbarer Hafenstandorte, sowie ausgewählter Distributionsgüter aus dem SPP-Projekt „Binnenhäfen im fränkisch-deutschen Reich“ und Ausarbeitung einer Nutzungsentwicklung der Kulturlandschaft „Fluss“

Ziele für die überregionale Entwicklung der Wasserfahrzeuge in Bezug auf die von ihnen genutzten Hafennetzwerke

  • Abschluss der Erfassung sämtlicher Binnenschiffe innerhalb Mitteleuropas, sowie aller Einbäume mit der zeitlichen Eingrenzung von der Römischen Kaiserzeit bis zum Ende des Hochmittelalters
  • Dokumentation der Funde Krefeld-Gellep III (mittels 3D-Scantechnologie) und Kalkar- Niedermörmter in den aufbewahrenden Museen und Auswertung der Grabungsdokumentation, sowie naturwissenschaftliche Datierung des Fundes Krefeld-Gellep III
  • Zusammenfassung der einzelnen Objekte in einem geeigneten Katalog und Einbindung der Daten sowohl in ein projektinternes GIS, als auch in das GIS der Datenzusammenführung des SPP 1630
  • Erstmalige Erstellung eines Kataloges unterschiedlicher Darstellung von Binnenschiffen des Früh- und Hochmittelalters, vorrangig anhand illuminierter Handschriften
  • Analyse der Entwicklung der Konstruktionstechniken, zur Überprüfung wie weit sich Bauweisen auch über die Grenzen einzelner Flusssysteme verfolgen lassen und in welcher Form nicht nur ein Waren-, sondern auch ein Technologieaustausch möglich war. Dabei soll der Fragen nachgegangen werden ob sich eigene mediterrane, zentraleuropäische und nordische Techniken auch in der mittelalterlichen Binnenschifffahrt erkennen lassen, wie es in der römischen Kaiserzeit der Fall ist oder ob eine europaweite Vereinheitlichung vorliegt
  • Klärung der Frage warum sich die Schiffsgrößen von der Kaiserzeit zum Mittelalter hin verkleinert und ab dem Spätmittelalter wieder vergrößert haben und welche Rückschlüsse daraus auf das Transportwesen und die Hafeninfrastrukturen zu ziehen sind
  • Analyse der geografischen Verteilung der Wasserfahrzeuge an den Binnengewässern und Vergleich mit den gesammelten Daten zu Hafenstandorten im SPP-Projekt „Binnenhäfen im fränkisch-deutschen Reich“
  • Vergleich der bislang gewonnenen Erkenntnisse zur Beschaffenheit und Struktur der Häfen im Zusammenspiel mit den Anforderungen, welche Wasserfahrzeuge an diese stellen, z.B. Winter- und Ruhehäfen, Schiffbauplätze und Reparatureinrichtungen oder Anbindung an mögliche Treidelwege jenseits des Flusses
  • Analyse der durch die Forschung des SPP-Projektes „Fossa Carolina“ erzielten Erkenntnisse in Bezug auf den Kanalquerschnitt und dafür in Frage kommender Fahrzeuge und somit Rückschluss auf die Möglichkeiten der Überwindung einzelner Kanalabschnitte für diese Fahrzeuge

Schiffstechnische Berechnung am Beispiel des Prahms Krefeld-Gellep III

  • Erstellung eines maßstabgerechten Models des Fundes Krefeld-Gellep III und Berechnung seiner Hydrostatik auf Grundlage der digitalen 3D-Dokumentation, welche den Anforderungen der Schlepptestversuche entsprechen
  • Schleppversuch zur Ermittlung der Kraft-, Strömungs- und Geschwindigkeitsgrenzen im Verhältnis zur Schiffsladung eines frühmittelalterlichen Wasserfahrzeuges
  • Einsetzen und Vergleich unterschiedlicher Variablen (Ladung, Schiffsbedienmannschaften, Reisegeschwindigkeiten etc.) welche aus aussagekräftigen Schriftquellen entnommen und im Falle der Ladung auf archäologische Funde bezogen werden
  • Aufzeigen der Leistungsfähigkeit des Schiffes anhand der im SPP erarbeiteten Hafennetzwerke

Modellentwicklung zur Flussnutzung

  • Zusammenfassung der einzelnen Teilaspekte des Projektes und Erstellung eines Interaktionsmodells zwischen Fluss, Schifffahrt und Hafen
  • Herausarbeitung der gegenseitigen Beeinflussungsfaktoren von Transportbedürfnissen und -möglichkeiten an Flüssen anhand von Waren(-umfang) und Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge
  • Erstellung eines überregionalen Modells zu infrastrukturellen Ausbaustufen der Flüsse, deren Initiatoren und Umsetzbarkeiten durch Rückprojektion gewonnener Erkenntnisse aus den Zuständen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit und anschließend Vergleich mit anderen geografische Räumen
  • idealisierte Rekonstruktion von Häfen vom Wasser aus betrachtet unterteilt nach zeitlichen Perioden und Rollen innerhalb des Hafennetzwerkes

Öffentlichkeitsarbeit/Vermittlung

  • Präsentation eines Teils der Ergebnisse aus den ersten 18 Monaten der Projektlaufzeit in einer kleinen Werksausstellung, welche im DSM und anschließend im Museum Burg Linn gezeigt werden soll
  • Ausrichtung einer international angelegten Tagung Ende 2017 zu neuen Funden und Forschungen zu Binnenfahrzeugen und den Verbindungsstellen zwischen den Hafenstandorten

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